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Fastenpläne

Trump und Kim spielen mit dem Atomkoffer.
Im Mittelmeer wollen rechte Idoten die Rettungsaktionen verhindern und geraten selbst in Seenot.
Ein abgehalfterter Fussballer findet Berichterstattung über Doping „überflüssig“.
In Hamburg treiben Leichenteile in den Kanälen.
In Charlottesville toben die Rassisten.
Der Jahrestag des Mauerbaus jährt sich zum gefühlt millionsten mal.
Die erste Frau als Bundesligaschiedsrichterin
Herr Schulz fordert eine Elektroqoute.
Mutti stellt fest, dass die Wahl noch nicht gewonnen ist.
Der Dax gerät ins Minus.
In Hongkong platzt ein Reissack.

Alles Nachrichten aus den letzten Tagen. Gerne verziert mit diesem Logo:Und es nervt.
Mich jedenfalls.

Und wenn ich mir eins wünschen dürfte, dann wären das Zeiten, in denen diese Nachrichtengewitter mal nicht auf allen Kanälen auf mich einprasselt. Nicht nur ein paar Stunden, oder einen Tag, sondern vielleicht mal eine ganze Woche – oder besser noch einen Monat…….

Ich bin sicher, die Erde wird sich trotzdem weiter drehen.

Ein frommer Wunsch?
Vielleicht – denn mit der Umsetzung wird es schwierig. Zumal ich ja nicht auf einer einsamen Insel  ohne Kontakt zur Aussenwelt lebe – oder in einer Eremitage mitten im Wald.
Nachrichten sind allgegenwärtig, im Fernseher, im (Auto)Radio, bei Facebook, in den Zeitungen, die ich meinen Kunden mitbringe, auf den Anzeigetafeln, die hier in Hamburg zu Werbezwecken aufgebaut sind, selbst in den privaten Chats auf dem Handy.
Die Nachrichtenflut, der ich – der wir alle – jeden Tag ausgesetzt sind, ist mindestens genau so umweltverschmutzend wie das Mikroplastik in den Meeren. Nur, dass sie nicht unsere Mägen verstopft, sondern unsere Gedanken. So weit, dass sich daraus Alpträume und Schlafstörungen entwickeln.
Zu viel Input – und keine Chance, dem zu entgehen.
Denn Insel und Waldhütte scheiden ja nun mal aus bekannten Gründen aus und weghören funktioniert auch nicht.

Da bleibt eigentlich nur der andere Weg:

Abschalten!
Fernseher, Radio und Internet – und das konsequent!
Wenn ich dann noch ohne Brille zur Arbeit gehe würde, müsste ich die Schlagzeilen auch nicht mehr lesen…

Stattdessen könnte ich klassische Musik hören – z.B. Mozart und Monteverdi oder, wenns dramatischer sein soll , vielleicht auch Wagner und Verdi.
Und als Augenfutter ein gutes Buch. Auswahl hätte ich ja genug.

Oder einfach mal Stille und Nichts-Tun geniessen….

Doch um das zu erreichen, reicht Passivität wohl nicht aus.
Wenn ich das wirklich will, werde ich mir ernsthafte Gedanken darüber machen müssen, wie so ein Nachrichtenfasten  machbar wäre – und wie weit ich bereit bin, wenigstens eine Zeit lang auf die oben angeführten Medien zu verzichten.
Fernseher aus wäre für mich ja einfach, aber beim Autoradio und Internet wird es schon schwieriger.
Manche Dinge gehen mir halt doch nicht so einfach am Ar… vorbei….

Wischiwaschi

Normalerweise bemühe ich mich ja, meine Freizeit freizuhalten von Dingen, die sich mit meiner Arbeit beschäftigen, aber heute muss ich mal eine Ausnahme machen, weil mich gerade ein Artikel des Hamburger Abendblattes richtig nervt:Da schicken die doch tatsächlich ihre Chefreporterin los, um zu erkunden, warum es in Hamburg so viele unbesetzte Stellen in der Altenpflege gibt (und die gibts ja nicht nur hier, sondern in der ganzen Republik) – und heraus kommt ein weichgespültes  Elaborat, dass zwar ein wenig Einblick in den Tagesablauf einer Praktikantin in einem Altersheim gibt, aber einen weiten Bogen um alles macht, was die Arbeit von Pflegekräften gerade in Heimen so unattraktiv macht:

Kein Wort über die wirklichen Arbeitsbelastungen, wie z.b. den permanenten Zeitdruck durch Personalmangel, den Stress, an tausend Stellen gleichzeitig sein zu müssen (und den gab es sicher bei einem Personalschlüssel von acht Bewohnern pro Pflegekraft), kein Wort über die gesundheitlichen Belastungen durch schwere körperliche Arbeit, permanente Überbelastung und Wechselschichten, kein Wort über die Verantwortung, die Pflegekräfte jeden Tag tragen müssen – und last but not least auch kein Wort über die unangemessen schlechte Bezahlung, die in vielen Fällen auch ein Grund ist, warum Pflegekräfte dem Beruf den Rücken kehren und sich kein Nachwuchs findet.
Dagegen sind der permanente Umgang mit Ausscheidungen und deren Gerüchen und die ständige Unruhe  auf Pflegestationen geradezu (Entschuldigung für das Wort) Kindergartenkacke….

Kurz gesagt:

Einen Pulitzerpreis bekommt die Reporterin für diese Reportage sicher nicht – denn es scheint ihr entgangen zu sein, dass man eine Reportage über den Alltag von Pflegekräften sicher nicht so schreiben kann wie den Bericht von der Jahreshauptversammlung eines Taubezüchtervereines.
Deshalb ist diese Reportage nicht anders als eine verpasste Chance, den Finger mal in die buchstäbliche Wunde zu legen.
Daran ändert auch der letzte Satz nichts:

„Der Rest des Tages verschwimmt in der Erinnerung, verliert an Bedeutung. Was am Ende bleibt, ist nicht der Geruch. Sondern das Gefühl. Ein Gutes.“

Bei mir jedenfalls hinterlässt diese Reportage kein gutes Gefühl, weil da ein völliges Zerrbild gezeichnet wird, was die Arbeitsumstände von Pflegekräften angeht.
Wie so oft, muss man leider sagen…..
Die Antwort auf die  im Aufmacher so reisserisch gestellte Frage, warum so viele Jobs in der Pflege unbesetzt sind,  findet man darin auf jeden Fall nicht.

Wenn wir Pflegekräfte so schlunzig arbeiten würden, wie diese Reporterin ihre Reportage gemacht hat, dann Gute Nacht…

Sahnestückchen

Lesenswert finde ich allwöchentlich die Kolumnen, die bei der Zeit unter der Rubrik „Freitext“ erscheinen:Mal nachdenklich, mal ironisch, mal satirisch, mal bissig, aber immer ein paar Minuten meiner Zeit wert, gehören sie zu den festen Anlaufpunkten meiner internet(ten) Leserunden und ich freue mich jede Woche aufs neue darauf.

Zumal auf der Liste der Autoren auch eine Reihe Namen stehen, die mir auch auf Büchern schon begegnet sind:

Wie Adriana Altaras, die dort gerade aktuell mit einigen Texten vertreten ist – z.B. letzte Woche mit ihrem Beitrag über Spielplätze im Allgemeinen und die dort herrschenden -modernen – Zustände im Besonderen :-)
Oder Friedrich Ani mit seinem liebevoll-nachdenklichen Beitrag über seinen syrischen Vater und das Leben in einem bayrischen Dorf
Oder Jochen Schmidt mit seinen Betrachtungen über das Paradies.
Um nur einige zu nennen.

Die Liste der Links liesse sich noch beliebig erweitern.
Stöbern lohnt also, denn es finden sich wirklich eine Menge Sahnestückchen in den Texten, die immer gut sind für ein paar Minuten Lesegenuss zwischendurch.
Also genau richtig auch für kurze Arbeitspausen :-)

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