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Gipfelsplitter III

Der kleine König Olaf – unser aller Bürgermeister – liegt gerne mal mit seinen Einschätzungen daneben, jedenfalls, soweit es den Willen der Hamburger Bevölkerung angeht. War schon die Volksabstimmung zur Olympiabewerbung einen arge Klatsche für ihn – die ihn wohl auch bewogen hat, den G20-Zirkus ganz ohne Senats- oder gar Bürgerbeteiligung zu zu sagen, so hat er mit dieser Äusserung ein paar Tage vor beginn der Gipfelt-Chaos-Tage wohl wirklich mal wieder den Vogel abgeschossen:Dabei gehe ich jetzt mal davon aus, das er zu dem Zeitpunkt schon wusste, was sein sein Innensenator Grote und dessen Polizeikapo Dudde so planen – und ihm hätte klar sein müssen, dass ein Verkehrsinfarkt rund um die Sperrzone den Bürgern nicht verborgen bleibt, genau so wenig wie brennende Autos, Hubschrauber über der Stadt und die überall präsenten, schon Tage vorher hochaufgerüstetetn Polizisten.
Die einzigen, die davon nichts mitbekommen, können allenfalls Leute sein, die im Krankenhaus im künstlichen Koma liegen….
Ein Hohn deshalb auch seine Äusserung von heute, wie sie in der MOPO wiedergegeben wurde:Angesichts der Polizeikräfte, die Hamburg heute nachordern musste, kann von guter Vorbereitung einfach keine Rede sein, ausserdem wusste man spätestens seit dem  G8-Gipfel in Genua 2001 welche Gefahren drohen, wenn solch eine Veranstaltung in einer Grossstadt abgehalten wird.
Und damit macht er sich als Bürgermeister dieser Stadt mitschuldig, hat er doch in seinem Amtseid geschworen, Schaden von dieser Stadt abzuwenden. Er hatte es in der Hand, er hätte ein klares Nein zum Gipfel sagen können…..

Im Übrigen bezweifele ich, dass er sich wirklich vorstellen kann wie sich Menschen fühlen, die ganz gegen ihren Willen plötzlich in einer Stadt leben, in der an allen Enden Chaos herrscht, in der die Bürger um Sicherheit für sich und ihr Eigentum fürchten müssen.

Deshalb wird er auch den Schritt nicht gehen, der sein nächster sein müsste:
Die politische Verantwortung übernehmen und zurücktreten

Gipfelsplitter II

Bilder der Gewalt, die ich nicht verstehe und die mich fassungslos machen – oder wozu soll es gut sein, dass gerade in Hamburg Autos brennen, Geschäfte zerstört werden und Existenzen gefährdet?Und da Gewalt immer Gegengewalt provoziert, gibt es solche Bilder auch von der anderen Seite – wobei die Polizei auch oft über das Ziel hinaus schiesst und mit ihrer Taktik grossen Anteil an weiteren Eskalationen hat.
Oder wozu soll es gut sein, wenn bis an die Zähne gepanzerte und bewaffnete Beamte eine unbewaffnete und ungeschütze Frau massiv mit Pfefferspray eindecken, selbst wenn sie zu Unrecht auf einem Polizeipanzer steht?
Aus meiner Sicht jedenfalls ist das nicht „verhältnismässig“, sondern „vorsätzliche Körperverletzung“.

Gipfelsplitter

Über den Sinn eines G20 Gipfels im Allgemeinen  – und in einen Grossstadt wie Hamburg im Besonderen – kann man ja allerorten genügend lesen, wie auch über das Chaos, was diese sinnfreie Betriebsausflugsveransstaltung (mit Damenprogramm) für Politkasper in unserer Stadt anrichtet.
Deshalb verweise ich in diesem Zusammenhang nochmal auf das Posting meiner Liebsten von gestern und (besipielhaft) auf den Ticker der Hamburger Morgenpost, falls jemand da noch mehr Informationsbedarf hat.
Jedenfals herrscht heute in weiten Teilen der Stadt Ausnahmezustand und an manchen Stellen sieht man mehr vermummte Polizei auf der Strasse als Einwohner: Klar scheint jedenfalls, dass die Taktik der Hamburger Polizeiführung aufgegangen ist, frühestmöglich eine Eskalation anzustreben ( und das meine ich genau so wie ich es schreibe)
Sehr lesenswert in diesem Zusammenhang die Zusammfassung der Ereignisse beim Kraftfuttermischwerk, die meine Sichtweise bestätigt:

Hamburg heute: „Welcome to Hell“ by Hartmut Dudde

Berichten möchte ich aber darüber, welche Auswirkungen der Beginn des Gipfels gestern schon hatte, als ab etwa 10:00 Uhr die Strassen abgesperrt wurden, um die Schutzzone für die anreisenden Politkasper freizuräumenSieht man sich die Karte genauer an, stellt man fest, dass diese Zone einen grossen Teil des Arbeitsrevieres überdeckt, in dem meine Firma Kunden betreut – die damit plötzlich für uns unerreichbar waren:Das betraf im Prinzip alle Kunden östlich der Alster – also der roten Linie – innerhalb des blau markierten Bereiches.

Planen konnte unsere Logistik da nichts, denn seitens der Polizei gab es lediglich vorab die lakonische Aussage, dass Sperrungen – wenn überhaupt – nur kurz andauern würden.

Defakto sah das dann aber so aus, dass ab 10:00 Uhr nichts mehr ging und dieser Zustand über Stunden anhielt, ohne dass ein Ende absehbar war oder es diesbezüglich irgendwelche Auskünfte gab.
Selbst die Polizisten an den Strassensperren wussten nicht, wie lange sie nun da würden stehen bleiben müssen.
Wer ausserhalb der Sperrzone war, kam nicht mehr rein, wer innerhalb der Sperrzone war, musste riesige Umwege machen, weil völlig unmotiviert auch innerhalb der Zone ganze Strassenzüge  abgesperrt waren und man nicht mehr weiter kam.
Mit fatalen Auswirkungen, denn auch wir Pflegedienste waren von dem Chaos genauso betroffen wie alle anderen.

Denn obwohl wir dann teilweise auf schnell gemieteten Leihfahrrädern  – oder wie ich – zu Fuss unterwegs waren, konnten wir einige Kunden überhaupt nicht mehr versorgen, andere nur noch eingeschränkt.
Da blieb dann nichts, als Prioritäten zu setzen, wo z.B. insulinpflichtige Diabetiker oder demente Kunden auf jeden Fall aufgesucht werden und andere Einsätze ersatzlos gestrichen werden mussten (alleine bei uns in der Firma waren das gestern Mittag 30 Einsätze, die nicht stattfinden konnten).

Erschwerend kam dann  noch dazu, dass teilweise die Schlüssel oder Medikamente für die Kunden bei Kollegen waren, die nicht mehr in die Zone hinein konnten oder umgekehrt. (Weshalb zwei unser Bürodamen plötzlich zu Fahrradboten mutierten, um die Sachen ausserhalb der Zone abzuholen und innerhalb der Zone an die Kollegen weiterzureichen, die nun die Kunden versorgen sollten)

Also Chaos hoch fünf….
Und trotzdem denke ich, dass wir das in richtig guter Zusammenarbeit mit allen Kollegen und unserer Logistik wirklich gut gewuppt haben, gemessen an der völlig unübersichtlichen Situation.
Und das macht mich auch ein klein wenig stolz.

Allerdings gab es auch Situationen, die mich richtig wütend machen.

So musste eine Kollegin fast eine halbe Stunde auf den Notarzt warten, weil der gerufene Rettungswagen zunächst nicht in die Sperrzone einfahren durfte. (Und die Kundin, um die es ging, konnte anschliessend nicht ins nahe gelegene Barmbeker Krankenhaus, weil das selbst für Rettungswagen nicht erreichbar war, sondern musste in ein anderes Krankenhaus zur Behandlung)
Überhaupt scheinen Notfälle in der Polizeiplanung nicht vorgesehen zu sein, den manche Polizisten waren sehr rigoros bei der Absperrung und liessen sich auch nicht erweichen, Kollegen durchzulassen, selbst wenn sie auf die Dringlichkeit der Einsätze hingewiesen wurden.
Einer verstieg sich sogar zu der Aussage, das sei „ihm doch egal“ – wie ein Kollegin berichtete……

Aber nicht nur wir und unser Kunden waren von dem Chaos betroffen – natürlich nicht.
So traf ich auf meinen Fussweg durch die Sperrzone viele Menschen, die eher ratlos waren und nicht mehr wussten, wie sie nun weiter kommen sollten.
Eine davon eine Braut im weissen Kleid, die weinend auf einer Bank sass, weil sie nicht mehr zum Standesamt kam und damit ihre Eheschliessung wohl fürs Erste geplatzt war…
Die hatte sich diesen Tag sicher auch anders vorgestellt.

Aber gut, auch so ein Tag geht mal vorbei.
Und heute bin ich froh, einfach zu Hause bleiben zu können und meinen freien Tag zu geniessen, bevor ich morgen wieder ins Chaos stürzen darf um mein letztes Dienstwochenende vor dem Urlaub hinter mich zu bringen.

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