Über den Sinn eines G20 Gipfels im Allgemeinen – und in einen Grossstadt wie Hamburg im Besonderen – kann man ja allerorten genügend lesen, wie auch über das Chaos, was diese sinnfreie Betriebsausflugsveransstaltung (mit Damenprogramm) für Politkasper in unserer Stadt anrichtet.
Deshalb verweise ich in diesem Zusammenhang nochmal auf das Posting meiner Liebsten von gestern und (besipielhaft) auf den Ticker der Hamburger Morgenpost, falls jemand da noch mehr Informationsbedarf hat.
Jedenfals herrscht heute in weiten Teilen der Stadt Ausnahmezustand und an manchen Stellen sieht man mehr vermummte Polizei auf der Strasse als Einwohner: Klar scheint jedenfalls, dass die Taktik der Hamburger Polizeiführung aufgegangen ist, frühestmöglich eine Eskalation anzustreben ( und das meine ich genau so wie ich es schreibe)
Sehr lesenswert in diesem Zusammenhang die Zusammfassung der Ereignisse beim Kraftfuttermischwerk, die meine Sichtweise bestätigt:
Hamburg heute: „Welcome to Hell“ by Hartmut Dudde
Berichten möchte ich aber darüber, welche Auswirkungen der Beginn des Gipfels gestern schon hatte, als ab etwa 10:00 Uhr die Strassen abgesperrt wurden, um die Schutzzone für die anreisenden Politkasper freizuräumenSieht man sich die Karte genauer an, stellt man fest, dass diese Zone einen grossen Teil des Arbeitsrevieres überdeckt, in dem meine Firma Kunden betreut – die damit plötzlich für uns unerreichbar waren:Das betraf im Prinzip alle Kunden östlich der Alster – also der roten Linie – innerhalb des blau markierten Bereiches.
Planen konnte unsere Logistik da nichts, denn seitens der Polizei gab es lediglich vorab die lakonische Aussage, dass Sperrungen – wenn überhaupt – nur kurz andauern würden.
Defakto sah das dann aber so aus, dass ab 10:00 Uhr nichts mehr ging und dieser Zustand über Stunden anhielt, ohne dass ein Ende absehbar war oder es diesbezüglich irgendwelche Auskünfte gab.
Selbst die Polizisten an den Strassensperren wussten nicht, wie lange sie nun da würden stehen bleiben müssen.
Wer ausserhalb der Sperrzone war, kam nicht mehr rein, wer innerhalb der Sperrzone war, musste riesige Umwege machen, weil völlig unmotiviert auch innerhalb der Zone ganze Strassenzüge abgesperrt waren und man nicht mehr weiter kam.
Mit fatalen Auswirkungen, denn auch wir Pflegedienste waren von dem Chaos genauso betroffen wie alle anderen.
Denn obwohl wir dann teilweise auf schnell gemieteten Leihfahrrädern – oder wie ich – zu Fuss unterwegs waren, konnten wir einige Kunden überhaupt nicht mehr versorgen, andere nur noch eingeschränkt.
Da blieb dann nichts, als Prioritäten zu setzen, wo z.B. insulinpflichtige Diabetiker oder demente Kunden auf jeden Fall aufgesucht werden und andere Einsätze ersatzlos gestrichen werden mussten (alleine bei uns in der Firma waren das gestern Mittag 30 Einsätze, die nicht stattfinden konnten).
Erschwerend kam dann noch dazu, dass teilweise die Schlüssel oder Medikamente für die Kunden bei Kollegen waren, die nicht mehr in die Zone hinein konnten oder umgekehrt. (Weshalb zwei unser Bürodamen plötzlich zu Fahrradboten mutierten, um die Sachen ausserhalb der Zone abzuholen und innerhalb der Zone an die Kollegen weiterzureichen, die nun die Kunden versorgen sollten)
Also Chaos hoch fünf….
Und trotzdem denke ich, dass wir das in richtig guter Zusammenarbeit mit allen Kollegen und unserer Logistik wirklich gut gewuppt haben, gemessen an der völlig unübersichtlichen Situation.
Und das macht mich auch ein klein wenig stolz.
Allerdings gab es auch Situationen, die mich richtig wütend machen.
So musste eine Kollegin fast eine halbe Stunde auf den Notarzt warten, weil der gerufene Rettungswagen zunächst nicht in die Sperrzone einfahren durfte. (Und die Kundin, um die es ging, konnte anschliessend nicht ins nahe gelegene Barmbeker Krankenhaus, weil das selbst für Rettungswagen nicht erreichbar war, sondern musste in ein anderes Krankenhaus zur Behandlung)
Überhaupt scheinen Notfälle in der Polizeiplanung nicht vorgesehen zu sein, den manche Polizisten waren sehr rigoros bei der Absperrung und liessen sich auch nicht erweichen, Kollegen durchzulassen, selbst wenn sie auf die Dringlichkeit der Einsätze hingewiesen wurden.
Einer verstieg sich sogar zu der Aussage, das sei „ihm doch egal“ – wie ein Kollegin berichtete……
Aber nicht nur wir und unser Kunden waren von dem Chaos betroffen – natürlich nicht.
So traf ich auf meinen Fussweg durch die Sperrzone viele Menschen, die eher ratlos waren und nicht mehr wussten, wie sie nun weiter kommen sollten.
Eine davon eine Braut im weissen Kleid, die weinend auf einer Bank sass, weil sie nicht mehr zum Standesamt kam und damit ihre Eheschliessung wohl fürs Erste geplatzt war…
Die hatte sich diesen Tag sicher auch anders vorgestellt.
Aber gut, auch so ein Tag geht mal vorbei.
Und heute bin ich froh, einfach zu Hause bleiben zu können und meinen freien Tag zu geniessen, bevor ich morgen wieder ins Chaos stürzen darf um mein letztes Dienstwochenende vor dem Urlaub hinter mich zu bringen.
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