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Günter

Neben meinem Onkel Kurt gab es auch noch einen zweiten Menschen, der meinen „fotografischen Werdegang“ massgeblich  beeinflusst hat:
Günter, damals etwa Mitte dreissig und seines Zeichens Lehrer für Sport , Mathematik und Physik, aber auch Leiter der Foto-AG meiner Schule und des Fotokreises unseres dörflichen Jugendzentrums.
War er auch  als Sportlehrer unerbittlich (hart gegen andere – brutal gegen sich selbst – und damit massgeblich mitverantwortlich für meine Entwicklung zum unsportlichen Dicken) und als Mathe- und Physiklehrer ein Pedant  (Lieblingsspruch : Ordnung ist das halbe Leben), so lagen seine echten Qualitäten eindeutig im Bereich des Foto-Unterrichtes, den er wirklich spannend und uns jungen Leuten viel Raum für eigene Ideen lassend gestaltete. Natürlich nicht wild drauf los knipsend, sondern immer mit klaren Aufgabenstellungen und solides handwerkliches Können vermittelnd, vor allem im Labor.

Das Gute daran war, dass uns dieser Unterricht fast nichts kostete, denn einen Grossteil der Materialien ( Filme, Entwickler, Fotopapier) hatte er dem örtlichen Fotohandel als Spende aus dem Kreuz geleiert – wohl mit dem Argument, dass wir ja auch alle potentielle Kunden wären, wenn wir das Hobby später weiter betreiben würden.
So war es dann auch Standard, dass jeder Kursteilnehmer für die gestellten Fotoaufgaben eine von ihm selbst aus Meterware produzierte, mit 12 Bildern geladene Film-Patrone mit auf den Weg  bekam, die dann in den nächsten Stunden entwickelt und auf Papier ausbelichtet wurde – mit ein Grund, warum ich in den Anfangszeiten der Foto-AG eine Kamera der Schule benutzen durfte.Denn diese Patronen passten natürlich nicht in meine Rollfilmkamera., wenn auch ansonsten die geliehene Agfa sich nicht viel von meiner „Junior“ unterschied.

Günter war es auch, der seinerzeit meine Liebe zum Schwarzweissbild massgeblich mitgeprägt hatte, denn nur das konnten wir im Schullabor selbst bearbeiten. Dazu kamen natürlich auch noch so theoretische Sachen wie der „goldene Schnitt“ und andere Spitzfindigkeiten, die ein gutes Foto ausmachen und immer wieder Anlass zu ausgeprägten Übungsstunden mit anschliessender „Manöverkritik“ am fertigen Bild gaben. Damals hab ich auch gelernt, dass sich manches „schlechte“ Foto retten lässt, wenn man im Labor nur den richtigen Ausschnitt wählt – statt wie bei Onkel Kurt  die Negative stumpf als Kontaktabzüge zu Papier zu bringen….

Witzig in dem Zusammenhang, dass ich gerade in den letzten Tagen nochmal über Günter gestolpert bin – bzw. über einige seiner Bilder.
Denn er war bis in hohe Alter hinein (bis zu seinem Tod im letzten Jahr) noch Mitglied in einem Fotoforum, in dem ich auch immer mal wieder lese – aber wohl mehr in den nicht-technischen Bereichen unterwegs.
Seine Handschrift war jedenfalls unverkennbar … seine Bilder meisst Schwarzweiss und viele noch analog fotografiert und eingescannt.
Und auch seine „Bildkritiken“ klangen noch wie damals anfangs der Siebziger:
Freundlich, sachlich und immer bemüht, mit gutem Rat weiter zu helfen.


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