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Melancholia

Da sitze ich nun am Schreibtisch, höre wunderschöne alte Aufnahmen von Fjarill*, um irgendwie den misratenen Eindruck des Konzertes von gestern wieder Wett zu machen, versuche mich auf meinen Reha-Antrag zu konzentrieren, der im Lauf der Woche auf den Weg zur Krankenkasse gebracht werden muss und grüble vor mich hin, während in der Küche schon mal die Kartoffeln für unser Abendessen vorkochen…..

Nee, gut ist meine Stimmung heute nicht, was nicht nur mit dem Konzert gestern Abend zusammenhängt, sondern auch etwas mit dem „Drumherum“:
Zwar waren es nur knappe anderthalb Kilometer vom Auto bis zur Elphi – unterbrochen von einigen Fotopausen – aber die hatten es doch ziemlich in sich.
Während meine Liebste unbeschwert immer ein Stück voraus war, hatte ich meine Mühe, halbwegs hinterher zu kommen, auch wenn wir wirklich Zeit genug hatten. Da halfen selbst die Schmerzmittel nichts, die ich vorher reichlich genommen hatte. Ich konnte einfach nicht Schritt halten.

Und so geht es immer, wenn ich in Zeitdruck gerate. Dann komme ich kaum noch von der Stelle. Auch wenn ich alleine unterwegs bin. Deshalb sollte man eigentlich meinen , ich sei inzwischen daran gewöhnt und es sollte mir nichts mehr ausmachen.
Nur leider hat mir der gestrige Abend mal wieder gezeigt, dass es nicht so ist.
Im Gegenteil habe ich mich gestern Abend – und nicht zum ersten Mal – bei dem Gedanken erwischt, wo das nun eigentlich hinführen soll?
Allen Gehübungen zum trotz bessert sich ja nichts, selbst wenn ich mit viel Zeit  an einem „guten Tag“ vielleicht acht, neun Kilometer schaffe und auch mal einen halben Kilometer weit am Stück laufen kann.
An „schlechten Tagen“ – so wie gestern – sind es dann aber auch gerade mal 150 Meter ohne Schmerzen und ich erschrecke mich, wenn ich Bilder sehe, die die Liebste von mir macht, weil man den Schmerz so deutlich in meinem Gesicht sieht, obwohl ich mich bemühe, ihn nicht zu zeigen.
Was allerdings eher ein“ kosmetisches Problem“ ist, einfach zu vermeiden, indem ich nicht mehr geknipst werde….

Deutlich schwieriger wird es wohl werden, eine „wirkliche Lösung“ für die Schmerzproblematik zu finden.
„Vermeiden“ ist ja keine (auch wenn ich das hin und wieder mache, um Schmerzmittel zu sparen).
Denn ich will mich ja bewegen, ich will rausgehen und – im Rahmen meiner Möglichkeiten –  „was von der Welt sehen“.
Wobei ich allerdings bezweifele, dass die Reha diesbezüglich viel bringt  – drei, vier Wochen, die von vorneherein wohl eher die Zielsetzung der Verrentung haben, wenn sie überhaupt genehmigt werden.

Und dann?

Deshalb habe ich ja den Reha-Antrag bis auf die letzten Tage rausgezögert – allen Nörgeleien und wöchentlichen Anrufen meiner Krankenkasse zum trotz, die mich auch gerade mal wieder antelefoniert hat, um an den Abgabetermin (nächste Woche)zu erinnern.
Wobei mir im Nachhinein der Gedanke in den Kopf kam, dass ich die Dame ja mal um einen Antrag für einen Rentnerporsche hätte bitten können:
Nicht, dass ich so  ein Teil wirklich haben wollen würde – und eigentlich fühle ich mich auch noch zu jung dafür, aber alleine um der Provokation willen als kleine Rache für die wöchentlichen Nervereien… (Stichwort „Teilhabe am sozialen Leben“)

Aber gut,  „Hätte-hätte-Fahradkette…“

Ich hab sie nicht gefragt und ich werde es auch nicht tun, solange es noch andere Möglichkeiten gibt – selbst, wenn die für die Krankenkasse auch sehr teuer werden können.
Deshalb werde ich mir morgen von meinem Doc eine Überweisung zum Schmerztherapeuthen geben lassen in der Hoffnung, dass da auch noch was anderes geht als das immer wirkungsloser werdende Novalgin, das ich inzwischen schon als Dauermedikation nehme, obwohl es eigentlich nur als Bedarf angesetzt ist.

Schaumermal.
Nun mache ich meinen Reha-Antrag fertig…… (und ausserdem wollte ich ja auch diesen Blog nicht volljammern)


*) Sehr empfehlenswert: Pilgrim, das erste Album von Fjarill…(Link zu Spotify)


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