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Krawumm

Alle Jahre wieder das gleiche Spiel:

Der Jahreswechsel wird begrüsst mit reichlich Alkohol, Feuerwerk und Unfug, bis der Arzt kommen muss. Im Ergebnis sieht das dann zum Beispiel so aus, wie ich gestern im Treppenhaus einer Kundin bewundern konnte:Ein Polenböller im Briefkasten hat da wohl einen Schaden von ein paar Tausend Euro angerichtet, weil nun die komplette Briefkastenanlage ausgetauscht werden muss und sowohl Fassade als auch die gegenüberliegende Wand – durch die rausgesprengte Briefkastenklappe – in Mitleidenschaft gezogen worden sind.
Dagegen sind die Rauchspuren der ausgebrannten Mülltonnen und die Müllberge vor dem gleichen Haus noch eher Pillepalle.

Da kommt also einiges zusammen: Grober Unfug, Sachbeschädigung und Brandstiftung ist das mindestens.

Aber das ist ja noch lange nicht alles an Auswirkungen, die solche ausgelassenen Silvesterfeierlichkeiten haben.
Von der erhöhten Feinstaubbelastung wurde ja anderweitig schon berichtet, und die war auch am frühen Neujahrsmorgen noch deutlich wahrnehmbar.

Dazu kommen dann noch Phänomene, die nicht so durch die Presse gehen wie beispielweise die Auswirkungen auf Tiere:

Denn in unserer Mitte leben ja auch immer noch Menschen, die den Krieg und Bombennächte erlebt haben, und die jedes Jahr aufs neue regelrecht panisch auf die Silvesterknallerei reagieren.
Insbesondere  Menschen mit Demenz sind sehr anfällig dafür, wie ich gerade vorgestern wieder erleben musste.
Da war mir nämlich eine Kundin abhanden gekommen,  die –  aufgeschreckt durch das Geknalle –  sich wohl mitten in der Nacht mit Rollator in Schlappen und Bademantel auf den Weg gemacht hatte, um bei einer Verwandten Sicherheit zu suchen.
Als ich  morgens um sechs bei ihr ankam, stand jedenfalls die Haustür auf und sie war weg.
Zum Glück ist dabei nichts Schlimmeres passiert, denn ein Taxifahrer hat sie aufgegriffen und ins nächste Krankenhaus gebracht, wie sich Stunden später heraus stellte – nachdem wir die Polizei eingeschaltet hatten, da von den Angehörigen niemand erreichbar war.
Und da ist sie nun immer noch, völlig verwirrt und kaum in der Lage, irgendwelche Angaben zu machen…..

Ähnliches habe ich auch schon früher erlebt, als ich noch auf einer gerontopsychiatrischen Station als Dauernachtwache gearbeitet habe. Auch da waren die Jahreswechsel immer eine Katastrophe, und es gab alle Hände voll zu tun, um die verwirrten Menschen zu beruhigen und aus den unmöglichsten Verstecken heraus zu holen, in die sie in ihrer Panik geflüchtet waren. Einen alten Herrn beispielweise habe ich in solch einen Nacht eingeklemmt unter seinem Krankenhausbett gefunden, weil er sich das  zum Schutz vor  dem „Bombenhagel“ verkrochen hatte – und bei älteren Frauen kamen bei der Gelegenheit oft die Erinnerungen an ihre Flucht vor den Russen und die damit verbundenen Ängste wieder hoch…..

Und alles nur, weil es ja so lustig ist, zum Jahreswechsel Millionen in die Luft zu pulvern…..

Nicht, dass ich prinzipiell was gegen Feuerwerke hätte –  jedenfalls nicht, solange sie von Profis gemacht sind –  aber ich denke, über die aktuelle Praxis mit dem alljährlich wiederkehrenden Problemen sollte wirklich nochmal nachgedacht werden.

In anderen Ländern geht das ja auch, Jahreswechsel ohne Knallerei.

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