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Gedankengänge

Donnerstag wird die Beerdigung meiner Mutter sein.

Sie wird dann neben meinem Vater im Dorf meiner Kindheit begraben sein auf dem Friedhof, der – gar nicht weit weg von unserer damaligen Wohnung – auch zu den Plätzen gehört hat, auf denen ich mich als Kind und Jugendlicher ganz oft aufgehalten habe.
Lange her, dass ich das letzte mal dort war. Zuletzt zur Beerdigung meines Vaters, ein paar Jahre vorher, als ich vorübergehend dort nochmal gelebt habe nach meiner Zeit in Lübeck und bevor ich nach Hamburg gekommen bin.
Schon damals war mir das Dorf fremd geworden, vieles hatte sich verändert, Menschen, die ich von früher kannte, gab es nur noch wenige…..
Deshalb war ich damals auch froh, dort wieder weg zu kommen.
Vermisst habe ich „mein Dorf“ seither eigentlich nie.

Es ist und bleibt zwar ein Teil meiner Wurzeln, in manchen Dingen prägend für mein Leben, aber gleichzeitig ist es auch Teil einer untergegangenen Welt, in die keine Rückkehr möglich ist.
Und doch träume ich mich manchmal in die Tage meiner Kindheit zurück, als die Welt vermeintlich noch einfach und unkompliziert war… obwohl einige Konflikte, die heute wieder aktuell aufflackern, schon damals ihren Ursprung hatten.
Konflikte, die sowohl das schwierige Verhältnis zu meiner Mutter als auch zu meinem älteren Bruder begründen und die Teil der Entscheidung sind, nicht zur Beerdigung am Donnerstag zu fahren.
Konflikte, die danach in der Familie weitergetragen wurden und in vielen Dingen Ursache der Sprachlosigkeit sind, die seit Jahren herrscht.
Konflikte, an denen auch ich meinen Anteil habe, zu deren Lösung ich aber auch nicht mehr bereit bin nach all der Zeit.

Da ist einfach zuviel passiert…

9 Replies to “Gedankengänge”

  1. Wichtig für unsere Entscheidungen die wir treffen ist unsere innere Sicherheit. Schließlich müssen wir mit den getroffenen Entscheidungen in unseren Gedanken unser weiteres Leben verbringen.
    LG

  2. Wenn ich deinen Beitrag so lese: Du schließt ab und du nimmst Abschied. Jeder macht das auf seine eigene Weise. Ich denke, es ist gut so, um nach vorne blicken zu können.
    In die Unbeschwertheit der Kindheit zurück sehnen sich bestimmt viele. Das ist auch gut so, denn manchmal erwischt man ein Zipfelchen davon und kann es festhalten.
    Alles Gute für dich.

  3. Manchmal ist es auch besser, Dinge ruhen zu lassen und mit ihnen abzuschließen, bevor sie noch mehr unnötige Energie kosten. Mal abgesehen davon bräuchte es für Lösungen alle Beteiligten und daran wird es eh scheitern. Wer nicht mal in so einer Situation seine Antipathien beiseite legen kann, wird auch sonst nichts zur Konfliktlösung beitragen. Ich habe auch irgendwann mal loslassen müssen, es war ein auch schmerzhafter Prozess, aber jetzt kann ich damit meinen Frieden finden. Vielleicht wir er noch mal brüchig, wenn auch ich jemanden beerdigen muß, aber das sehe ich dann.

    1. Ich hab ja von Münster aus auf meinen Fahrten zurück über Land manchmal Ansätze gemacht, in Bielefeld – und damit auch im Dorf meiner Kindheit – vorbei zu fahren, um wenigstens mal zu gucken, auch mal am Grab meines Vaters.
      Aber es ist mir einfach nicht gelungen.
      Die Widerstände in mir waren einfach zu gross. Immer bin ich ein paar Kilometer vorher abgedreht, weil sich alles in mir dagegen gesperrt hat.

  4. Deine Gedanken zu dem Thema sind mir nicht fremd. Ich erinnere mich oft an meine, in der Erinnerung, so unbeschwerte Kindheit in meinem Dorf, bevor die Beziehung zu meiner Familie sich, nun nennen wir es, veränderte. Besonders mit meiner Mutter hatte ich seit der Pubertät viele Konflikte und auch in späteren Jahren, war unsere Beziehung nie konfliktfrei, so ließen wir es bei einem höflichen distanzierten Kontakt, den ich nun auch mit meinem Vater pflege, manchmal taucht so ein Gedanke auf wie, wir sollten doch mal über alles reden, aber ich merke ja, so wie ich ein heikles Thema in den wenigen Telefonaten anschneide, blockt er sofort. Also lasse ich es. Interessant fand ich, dass ich neulich in der Meditation irgendwie in meiner Kindheit gelandet bin und plötzlich sah ich mich nicht als das fröhlich über die Wiesen tollende Mädchen, sondern als weinendes Kind in einer Ecke sitzen und ich sah das Kind, das nachts nur bei Licht schlafen konnte. Scheint also doch nicht alles so idyllisch gewesen zu sein.
    Es muss jeder seine Methode finden, um abzuschließen. Ich denke du bist auf einem guten Weg.

    1. Idylle….

      Ja, die gab es auch, und zumindest für die Landschaft meines Dorfes habe ich sogar sowas wie Heinatgefühle, wie mir bei meinen Besuchen im Münsterland erst wieder klar geworden ist.
      Doch beim Gedanken an „mein Dorf“ tauchen auch ganz schnell andere Bilder wieder auf, die nicht so idyllisch sind – neben den innerfamiliären Konflikten, die sich damit auch verbinden.

      Deshalb ist für mich die Suche nach meinen Wurzeln auch immer wieder Thema, um deren Ursprünge zu ergründen……

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