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Adventsmorgengedanken

Sonntagmorgen – der 3. Adventssonntag.
Es ist noch früh, sehr früh – genau gesagt bin ich mal wieder zu der Zeit hochgeschreckt mit dem schrecklichen Gefühl verschlafen zu haben, zu der ich früher, in einem anderen Leben, aufstehen musste, um unsere Insel zu verlassen und zur Arbeit zu fahren. Lange her, seit mir das das letzte Mal passiert ist  – und zur Arbeit muss ich ja nun auch nicht mehr.
Und doch fällt es mir gerade schwer, mich von dem Gefühl zu lösen, mit dem ich eben wach geworden bin.
Im Gegenteil – Rein gedanklich sitze ich gerade im Auto, den Kopf schon voll mit dem, was möglicherweise gleich kommen könnte und gerade in der Vorweihnachtszeit an Wochenenden mein tägliches Brot war: Touren der Kollegen aufteilen, die nicht zum Dienst erschienen sind, eigene Tour vorbereiten,  mein Postfach leeren, Schlüssel und Papiere zusammen suchen, Tourentasche kontrollieren und zusehen, dass ich selbst auch halbwegs pünktlich beim ersten Kunden bin
Und dann fällt mir ein, dass das ja nun nicht mehr meins ist…… was mir gerade mehr als merkwürdig vorkommt:
Einfach am Schreibtisch sitzen bleiben zu können, meinen Gedanken nachhängen, beim ersten Kaffee den Tag in aller Ruhe beginnen, leise Musik hören(diesmal nicht therapeutisch), warten, dass es langsam heller wird und der Tag beginnt.

Früher hätte ich mir das oft gewünscht, besonders in der Weihnachtszeit, in der sich auch bei der Arbeit alles auf den grossen Showdown während der Feiertage ausgerichtet hat – immer verbunden mit der bangen Frage, welche Kollegen nun noch ausfallen werden und damit die Dienstplanung für die Feiertage ins Wanken bringen – und mit  dem Spagat zwischen Privatleben und dienstlichen Erfordernissen, bei dem persönliche Bedürfnisse nach Weihnachtsruhe und Innehaltenkönnen an allerletzter Stelle standen.
Wie auch bei allen Kollegen, die in dieser Zeit arbeiten mussten – arbeiten müssen. Denn für die ist es ja noch nicht vorbei…und die haben auch nicht den Luxus, den ich jetzt habe. (Bei dem Gedanken habe ich fast ein wenig ein schlechtes Gewissen)
So gesehen ist es vielleicht auch ein wenig Abbitte leisten, dass ich zusammen mit der Liebsten am Heiligabend  wenigstens ein klein wenig Weihnachtsdienst leiste – in der Obdachlosentagesstätte zwar, aber damit auch an einer Stelle, wo helfende Hände gebraucht werden.
Immerhin das!

Tatsächlich  freue ich mich schon auf diesen Heiligabend-Vormittag genau so sehr wie auf das, was danach kommt:
Ruhige, entspannte Weihnachtstage – die zweisame Zeit zwischen den Jahren, den Jahreswechsel mit Fondue und Kerzenlicht  und ohne den Druck, am nächsten Morgen wieder um vier auf den Beinen sein zu müssen.
Das sind doch feine Aussichten :-)
Mit dem Gedanken gelingt es mir auch so langsam, wieder herunterzufahren  und mich ein wenig auf den Tag heute zu besinnen – denn der wird schon ein Vorgeschmack sein auf die Feiertage, genauso ruhig und ohne Stress.
Was auch sehr schön ist.


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