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„Ich bin Margarethe Kempowski und berichte….“

„….hier von den Ereignissen des Jahres 1948 und danach.

Am Morgen des 8. März, so gegen halb sechs, wurde furchtbar an die Tür geklopft. Die Hauswartsfrau stand mit drei Männern draußen und sagte, ich solle schnell machen, es wär Paßkontrolle, die Herren wollten unsere Ausweise sehen.
Mir war das nicht verdächtig, denn von nächtlichen Ausweiskontrollen hatte ich schon öfter gehört. Wenige Tage vorher war zum Beispiel eine solche Kontrolle bei Frau Kapellmeister Reichwein in der Ludwigstraße gewesen, und im Grünen Weg war bei demselben Ereignis ein Mann am Herzschlag gestorben.
Ich sagte: »Bitte. Treten Sie näher«, und ließ sie herein. ….“

Nun also nimmt das Unheil seinen Lauf im fünften Teil von Walter Kempowskis „Deutscher Chronik“, der für mich der eindringlichste der sechsbändigen Reihe ist

Ein Kapitel für sich

Bei einem Besuch im heimatlichen Rostock wird er verhaftet und in der Folge als „Spion“ zu vielen Jahren Zuchthaus verurteilt (u.A. auch im „gelben Elend“ in Bautzen), nachdem er zuvor den Amerikanern in Wiesbaden Frachtbriefe übergeben hatte, in welchem die Reparationsleistungen an die Sowjetunion dokumentiert waren, die in Folge des verlorenen zweiten Weltkrieges geleistet werden mussten.
Auch seiner Mutter und seinem Bruder ergeht es nicht besser.
Sie geraten als „Mitwisser“ ebenfalls in Haft, weshalb Kempowski sie auch zu Wort kommen lässt und das Buch im Gegensatz zu den vorherigen drei unabhängige Handlungsstränge hat – ergänzt durch Zitate weiterer Personen, die ebenfalls in Konflikt mit den strengen Besatzungsbestimmungen der Russen geraten waren und deswegen inhaftiert wurden.
Was ein wenig  auch den Erzählstil vorwegnimmt, den Kempowski  u.A. im Echolot gewählt hat, ohne den sprachlichen Charme der  anderen Romane der deutschen Chronik zu verlieren, welcher den Tagebucheinträgen im Echolot völlig abgeht.

Der Klappentext:

„Acht Jahre verbrachte der Ich-Erzähler Walter im Zuchthaus in Bautzen, und das alles wegen ein paar Frachtbriefen, mit denen er den Amerikanern die Ausplünderung der „Zone“ durch die Russen demonstrieren wollte. Bei einem Besuch der Familie in Rostock wurde er festgenommen. Spionage hieß die Anklage. Neben Walter wurde Bruder Robert verhaftet und schliesslich sogar die Mutter. Mutter und Söhne machen mit Haft und Häftlingen ihre ganz eigenen Erfahrungen, und so erzählt jeder kapitelweise aus seiner Perspektive und in seiner Ausdrucksweise, was ihm in der Welt der Eingeschlossenen widerfahren ist. Diese Zeit war in der Ausdrucksweise der Familie „Ein Kapitel für sich“.“


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