.

„Drei Bilder von Rostock….“

„…hängen über meinem Schreibtisch: Eine Radierung, ein Öldruck und ein Photo.

Auf der Radierung sind die Häuser dicht an die Kirchen gedrückt. ROSTOCHIUM steht in den Wolken: ROSTOCHIUM URBS VANDALICA ET MEGAPOLITANA. Links und rechts daneben geflügelte Löwen mit Adlerschnäbeln: »Anno 1620«. Die Stadt liegt an einem Fluß, der Warnow, auf dem zahlreiche Segelschiffe ankern, Fischer fischen und sogar zwei Schwäne schwimmen.

Im Vordergrund des Bildes stehen Kaufleute. Sie tragen enganliegende Beinkleider und eine Halskrause unterm Knebelbart. Die Kaufleute weisen stumm auf ihre Stadt: Es sind böse Zeiten. Wegen der Teuerung hat man besondere Gesetze erlassen müssen, daß die Käufer den Bauern nicht entgegengehen zum Beispiel und vielleicht schon auf dem Feld das Korn aufkaufen. Erst auf dem Markt darf angeboten werden, in freier Konkurrenz.

Neben den Männern, die da stumm auf ihre Stadt zeigen, stehen die Frauen in ihren langen, mit Spitzen besetzten Kleiderpyramiden. Hohe geschlitzte Puffärmel tragen sie und aufgestellte Kragen: Fein ausgewalzter Roggenmehlteig in siedendes Fett geworfen, das ist sattmachend und billig in dieser Hungerszeit……“

Mit diesen Worten beginnt der Romanzyklus „deutsche Chronik“ von Walter Kemposwki dessen chronologisch ersten Band ich nun auf dem Reader habe, obwohl er er erst Jahre nach dem ersten (und vielleicht bekanntesten) Buch der Reihe , „Tadellöser & Wolf“ erschienen ist. Ein Buch, dass ich schon als Schüler verschlungen habe und mit dem ich zum Fan von Kempowskis Werken wurde.

Aus grosser Zeit

also ist das Buch, in dem die wechselvolle  Geschichte der Familie Kempowski kurz vor dem ersten Weltkrieg  ihren Anfang nimmt, bevor sie  nach dem zweiten Krieg Anfang der sechziger Jahre in Hamburg endet – weshalb ich auch mit diesem Buch beginne, die Bücher zum wiederholten mal zu lesen, nachdem ich seit meiner letzten Buchvorstellung zwar einiges angelesen, aber nichts gefunden habe, was spannende und lohnende Unterhaltung geboten hätte….
Also , warum nicht nochmal was lesen, was ich zuletzt vor zehn Jahren in der Hand hatte und von dem ich weiss, dass ich es in einem Rutsch durchlesen werde?

Der Klappentext:

Der wohlhabende Rostocker Reeder Robert William Kempowski, einst aus Ostpreußen nach Mecklenburg gekommen, besitzt ein stattliches Haus, zwei Dampfer und zwei Kinder, die gutbürgerlicher Tradition entsprechend Tennis und Klavier spielend heranwachsen. In der Ehe arrangiert man sich: Anna hat ihren „Jour fixe“ und einen Tenor vom Stadttheater zum Hausfreund; er wiederum pflegt seine kleinen Liebschaften auch dann noch, als er schon krank und an den Rollstuhl gefesselt ist. 1913 lernt Sohn Karl in der Sommerfrische an der Ostsee Grethe de Bonsac kennen, deren Familie aus dem preußischen Wandsbek von anderer Art ist als die des jungen Mannes: ordentlich und fromm. Zwischen Grethe und Karl entspinnt sich eine zarte Liebesgeschichte, die vom Ersten Weltkrieg jäh unterbrochen wird. Karl geht als Freiwilliger an die Front und erlebt das „Stahlbad“ bis zu seinem bitteren Ende; Grethe dient dem Vaterland in einem Kinderhort.

Wobei ich mein Fazit schon vorab und mit wenigen Worten ziehen kann:

Lesenswert, unterhaltsam, gut!
Mehr muss man zu den Büchern der deutschen Chronik nicht schreiben :-)


1186

Musik: Enya

Jahrelang konnte ich ihre Musik nicht mehr hören – nicht, weil sei mir nicht  gefallen hätte, oder weil es keine Möglichkeit dazu gab, sondern weil ein RTL-Redakteur eines ihrer Lieder geschmackloserweise mit einem Ereignis verbunden hat , dass die Welt erschüttert hat und zum Trauma für  viele Menschen wurde – dem Attentat auf das World-Trade-Center am 11. September 2001.
In der Folge wurde „ Only Times“  im kollektiven Gedächtnis (zumindest hier in Deutschland) zum Synonym für dieses Ereignisses, weil Bilder dieser Katastrophe und Enyas Musik fast nur noch in Verbindung miteinander gezeigt wurden.
Und ganz  ehrlich, mir hat das ihre Musik für lange Zeit vergällt, obwohl ich sie vorher wirklich sehr mochte.
Insbesondere das Album, das ich heute vorstellen möchte:

The Memory of Trees,

musikalisch und von der Stil-Richtung her nicht wirklich einzuordnen würde ich es am ehesten mit dem Label  „Bombast-Pop“ versehen, auch wenn es diese Bezeichnung nicht wirklich gibt und man in den Kritiken dazu häufig etwas von „New-Age-Musik mit Anklängen an Irisch-gälischen Folk“ liest.

Auf jeden Fall war diese Art der Musik und der Arrangements bei Erscheinen 1995 des Albums ziemlich einzigartig:
Breite Synthesizer-Klänge unterlegten Enyas klare, teils mehrfach übereinander aufgenommene Singstimme, die so ziemlich dominant  herauskommt. Sowas hatte es vorher in dieser Intensität noch nicht gegeben ( und es wurde in der Folge zu ihrem Markenzeichen, das zwar auch von anderen Musikern kopiert, aber niemals in dieser Präzision erreicht wurde)
Ähnlich klangen allenfalls einige Stücke der meist rein akustisch spielenden irschen Folk-Band Clannad, in deren Anfangszeit in den 80er-Jahren  Enya  zusammen mit ihrer Schwester Moya eine der Lead-Sängerinnen war, bevor sie ihre Solo-Karriere begann. Als Beispiel mag dafür mag der A cappellla gesungene Titel  „Theme from Harry’s Game“  dienen, aufgenommen 1983 und damals schon Enyas späteren Stil vorwegnehmend – übrigens ein Titel, der seinerzeit bei mir rauf und runter lief…

Wer also mal reinhören möchte in dieses Stück Musik-Geschichte, der mag einfach aufs Bild klicken um zu Spotify und direkt zum Album zu kommen :-)


1185

..