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Unerträglich

Auch in Polen sind wir leider nicht verschont geblieben von den Nachrichten aus Chemnitz über den Tod eines Mannes, der am Rande des Stadtfestes Messerstichen zum Opfer fiel – eine Tat, die zum Auslöser massiver rechter Krawalle wurde, die gestern in einem wahren Aufmarsch rechter Horden in dieser Stadt führte.
Was wohl auch vorhersehbar war bei dem laschen Umgang, der seitens der sächsischen Regierung und Polizei mit dieser Szene gepflegt wird.
Und obwohl man damit rechnen musste, dass sowas irgendwann passiert, schockieren die Bilder trotzdem.

Gerade, weil es genau so passiert ist, wie erwartet – und ausserdem zu befürchten steht, dass der rechte Mob auch anderswo aus den Löchern kriecht, um im Windschatten der Chemnitzer Ereignisse ebenfalls die Strassen in seine Gewalt zu bringen.
Zugegebenerweise machen mir solche Szenen Angst, ich will sie eigentlich nicht sehen, will nichts davon hören, möchte angesichts der Krawalle den Kopf am liebsten in den Sand stecken, mir nicht den Tag davon vermiesen lassen.
Aber ich weiss, dass das nichts ändert, und heile Welt allenfalls in meinem Kopf existiert.

Deshalb ist es um so wichtiger, das nicht schweigend hinzunehmen, sondern Stellung zu beziehen gegen rechte Parolen, rechte Gewalt und untätige (unfähige?) Politiker, die das alles einfach geschehen lassen. Denn bisher ist es nur eine Minderheit, die da so lautstark auf sich aufmerksam macht und mit erschreckenden Bildern wie aus Chemnitz die Nachrichtenlandschaft in unserem Land dominiert.
Zwar stehen auch viele Menschen dagegen auf, aber die Mehrheit schweigt.

Leider.

Schade auch, dass damit die Gedanken und schönen Erinnerungen an unsere Tage in Polen überlagert werden.
Aber so ist das Leben nun mal.
Und deshalb gehört dieser Beitrag genau jetzt auch hier hin, selbst wenn er eigentlich nicht zum Thema passt, dass gerade meine Gedanken beherrscht.

9 Replies to “Unerträglich”

  1. Ich auch. Ich bin zum Teil fassungslos, obwohl sich schon lange abzeichnet, in welche Richtung sich dieses Land entwickelt und dass dies gewollt ist.

  2. Das Problem ist, dass hier die ganze Gesellschaft versagt hat, auch diejenigen, die sich für die Flüchtlinge eingesetzt haben.
    Bereits von Anfang an wurden Menschen, denen diese Masse 2015 unheimlich war, als dumm, verblödet, Rassisten etc. bezeichnet. Hat man Bedenken geäußert über das aufeinanderprallen verschiedener Kulturen, war man ein Nazi. Hatte man Bedenken wegen den Ressourcen – Wohnraum, Arbeit etc- war man ein dummer Nazi. Hatte man bedenken, ob bei so vielen gleichzeitig eine gute Integration geht, war man ein Nazi.
    Es ist für mich nicht verwunderlich, dass sich viele, die einfach nur Bedenken hatten, sich nun diesen Leuten zuwendet, da sie scheinbar die Einzigen sind, die ihnen zuhören und ihre Bedenken ernst nehmen.
    Ich war früher ein Punk, in meinen Adern fließt ein Teil griechisches Blut, ich habe viele Freunde die nicht deutsch sind, dennoch sage ich auch, dass selbst das reichste Land bankrott geht, wenn es mehr ausgibt als es einnimmt. Jobs für ungelernte gibt es auch nicht unendlich und auch keine Wohnfläche. Aber bin ich nun wegen dieser Meinung „braunes Gesocks“?
    Ich verurteile das in Chemnitz aufs schärfste, halte absolut nichts von der Entwicklung die sich in diesem Bereich abspielt und will auf keinen Fall, dass sich die deutsche Geschichte wiederholt. Ich bin aber auch nicht versessen darauf, dass Europa ein 2. römisches Reich wird, dass an seiner Arroganz und dem Glauben die ganze Welt versorgen zu können, in Bürgerkriegen zugrunde geht.

    1. Deine Bedenken kann ich nicht wirklich teilen, tut mir leid.

      Ich glaube nämlich nicht, dass unser Land zu Grunde geht, weil es Flüchtlinge aufnimmt.
      Im Gegenteil.
      Denn wenn man diesen Menschen die Möglichkeit gibt, ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen, werden sie weder jemandem auf der Tasche liegen noch zu einem Problem für die Gesellschaft werden oder anderen etwas wegnehmen.

      Zudem belässt man ihnen damit auch ihre Würde, statt sie zu Almosenempfängern zu machen.

      Wie das funktioniert, kann jeder sehen, der sich mit dem deutschen Flüchtlingsproblem nach dem zweiten Weltkrieg mal näher beschäftigt.
      Damals kamen genau die selben Argumente wie heute von Seiten der alteingesessenen Bevölkerung im „Westen“ Deutschlands, es gab die gleichen Vorurteile und die gleiche Ablehnung den Neuankömmlingen aus dem Osten gegenüber.
      Und ich habe noch gut im Ohr, was beispielsweise meine Mutter über die Repressalien erzählt hat, denen sie als „Flüchtlingskind“ hier im Westen kurz nach dem Krieg ausgesetzt war. Als „Habenichtse“ und „Schmarotzer“ bezeichnet zu werden war da noch harmlos.

      Trotzdem es ist unbestreitbar, dass es ohne diese Flüchtlinge der 40er Jahre kein Wirtschaftswunder der 50 Jahre gegeben hätte, denn sie haben zu einem nicht unwesentlichen Teil mit ihrem Bedarf und ihrer Arbeitskraft auch dazu beigetragen, dass viele Branchen expandieren konnten – und es dadurch mehr und mehr neue Arbeitsplätze, Wohnungen usw. gab.
      Auch unser solidarisches Gesundheits – und Rentensystem würde es ohne die Beiträge dieser Menschen in dieser Form wohl nicht geben.

      Das gleiche Phänomen hat es etwas abgeschwächt auch noch ein zweites Mal gegeben, als Helmut Kohl in den 80er Jahren hunderttausende Spätaussiedler aus Russland geholt hat.
      Erst Ablehnung, dann Assimilation und anschliessend eine deutliche Steigerung des Bruttosozialproduktes.
      Auch in den Jahren danach konnte man beobachten, dass beispielweise die Baubranche und die Automobilindustrie deutliche Umsatzgewinne erwirtschaften konnten und die Inlandsumsätze in vielen anderen Bereichen (und damit auch die Steuereinnahmen) stiegen.
      Und heute kräht kein Hahn mehr danach, dass diese Menschen bei uns leben.
      Sie sind fester Bestandteil der Bevölkerung, auch wenn sie teilweise schlechter integriert sind als viele der Flüchtlinge, die erst in den letzten drei Jahren zu uns gekommen sind.

      Deshalb ist vermuten, dass auch die heute so unwillkommenen Flüchtlinge in ein paar Jahren ein ganz normaler Teil der Gesellschaft geworden sind, der seinen Teil zur Gesamtleistung beiträgt – und dessen Arbeitsleistung, Kaufkraft und Beitrag zu den Sozialsystemen gebraucht wird – schussendlich auch, um die Renten derjenigen mit zu bezahlen, die heute in Chemnitz so ausländerfeindlich auf die Strasse gehen.

      Übrigens:

      „Rechtes Gesocks“ sind für mich diejenigen, die wie die sogenannten „Patrioten“ in Chemnitz die Freiheit unseres Landes ausnutzen, um Unfreiheit zu propagieren. Und ich frage mich schon, welchen Beitrag diese Herrschaften zum Zusammenhalt und zur Solidarität in unserem Land leisten – dem Land, von dem viele von ihnen geträumt haben, als sie noch „glückliche“ Bürger der DDR waren, trotzdem aber die Wiedervereinigung (also den Beitritt zur alten Bundesrepublik) und damit „die Solidarität der westlichen Brüder“ vehement gefordert haben, kaum dass die Mauer gefallen war.

      Das hätte damals auch ganz anders laufen können.

      Die DDR war ein souveräner Staat, dessen Bürger sich mehrheitlich dafür entschieden haben, diese Souveränität zugunsten der vermeintlich paradiesischen Zustände im gelobten „Land des Klassenfeindes“ aufzugeben.
      Mit allen Konsequenzen.
      Also auch mit Übernahme der Werte, die im Grundgesetz formuliert sind – wie z.B. auf freie Meinungsäusserung, aber auch mit dem Recht auf Asyl, die unabänderlicher Teil dieses Gesetzes sind.

      Spannend fände ich übrigens in dem Zusammenhang noch die Frage, wie das nach 1989 wohl gelaufen wäre, wenn damals auch wir Westbürger über den Beitritt hätten abstimmen dürfen – auch unter dem Aspekt, dass er uns nicht nur den Solidaritätsbeitrag kostet, den wir bis heute leisten…..

      1. Das meinte ich mit Missverständnis….. Menschen auf der Flucht zu helfen ist richtig und wichtig. Auch dass sie die Möglichkeit bekommen zu arbeiten, wenn es geht ist vollkommen richtig. Ich finde es auch zum ko**, wenn Menschen abgeschoben werden, die hier bereits voll angekommen sind. Aber für ungelernte Arbeitskräfte ist der Arbeitsmarkt nicht mehr so voll. Wenn z. B. Ein Hotel 10 Zimmermädchen braucht, dann nimmt es auch nur 10 und keine 20. Das meine ich damit . Dazu kommen ja auch die aus unserer Gesellschaft, die schulisch auf der Strecke bleiben. Gerade hier sehe ich das Eskalationspotential. Zwar wollen die tollen Deutschen bestimmte Jobs nicht machen, aber wehe jemand anderes will 🤦‍♀️

      2. „Die schulisch auf der Strecke bleiben.“
        Genau da ist das Problem.

        Die meisten der Flüchtlinge die heute kommen sind bereit zu lernen – eine neue Sprache, einen neuen Beruf, den Umgang mit den Lebensumständen in einem neuen Land. Dazu muss man flexibel, anpassungswillig und -fähig sein.
        Und genau das sind viele derjenigen nicht, die schulisch auf der Strecke geblieben sind und sich als Konsequenz daraus entschieden haben, lieber die soziale Hängematte zu nutzen, die unser Land ihnen bietet….
        (Damit meine ich ganz bewusst nicht diejenigen, die als Wendeverlierer auf der Strecke geblieben sind und nun aus eigener Kraft nicht wieder auf die Füsse kommen. Denn das ist wieder eine andere Geschichte)

        Trotzdem sind die Flüchtlinge sicher keine Konkurrenz für beide Gruppen, denn wie Du schon schreibst: „Zwar wollen die tollen Deutschen bestimmte Jobs nicht machen“….

        Und ausserdem: auf Pizza, Döner und Kebab wollen auch die nicht verzichten, die am liebsten alle Ausländer zum …. jagen würden. Fragt sich halt nur, wovon die sich dann ernähren würden, wenn es wirklich so käme.
        Ich glaube kaum, dass die sich selbst an den Pizzaofen oder den Drehspiess stellen würden.

    2. Sorry, aber wir haben den höchsten Überschuß ever. Es ist einfach nicht wahr, das wir daran bankrott gehen. Um es mit Heiner Geißler zu sagen: Wir haben Geld wie Dreck, es haben nur die falschen Leute. Mal ganz abgesehen davon, habe ich null Verständnis, wenn Leute, die gegen eine weitere Aufnahme von Flüchtlingen sind, sich bei Nazis einreihen, AfD wählen, die ihnen all das nehmen wollen, wofür dieses Land steht.
      Der nächste Irrsinn ist, das Geflüchtete, die hier eine Ausbildung anfangen, einfach abgeschoben werden, obwohl sie z.B. in der Pflege dringendst gebraucht würden.
      Ich habe ja nun ein paar Monate in Münster gelebt, der Stadt mit der niedrigsten AfD Wählerschaft. Dort funktioniert nämlich Integration.
      Sachsen hat ein ganz massives rechtes Problem, das es seit Jahren leugnet. Biedenkopf hat damit angefangen, Tillich und Kretschmar sind auch solche Realitätsverweigerer.
      Und wer sich grölenden Nazihorden anschließt ist kein besorgter Bürger sondern entweder unglaublich blauäugig oder er braucht einfach einen Sündenbock. Wenn die Flüchtlinge kein Thema mehr sind, wer kommt dann? In Sachsen ist es jetzt schon gefährlich, andersdenkend zu sein. Ich habe auch das in meiner Leipziger Zeit erlebt.
      Und Leute wie Seehofer und andere (leider auch Grüne wie Boris Palmer) wetteifern darum, die AfD rechts zu überholen und gefährden damit ebenso den Frieden in diesem Land wie Gauland, Weidel und Co. Was wir brauchen ist ein breites Bündnis gegen Rechts, eine wehrhafte Zivilgesellschaft und Politiker, die klare Kante zeigen. Auch wenn ich ihn sonst nicht mag, Kubicki ist so einer.
      Ich möchte mal denjenigen sehen, dem es irgendwie schlechter geht, nur weil wir Flüchtlinge aufgenommen haben und noch viel mehr aufnehmen könnten. Wohnungsnot hatten wir schon vorher, die Bildungspolitik ist ein Dauerthema. Warum nicht dagegen auf die Straße gehen, anstatt sich die Flüchtlinge als Sündenböcke rauszunehmen. Sollen doch die sog. besorgten Bürger sich mal zivilgesellschaftlich engagieren, wenn Ihnen soviel an unserem Land liegt. In der Obdachlosenarbeit oder was weiß ich wo, gibt mehr als genug sinnvolles, was man tun könnte.
      Wir wohnen in einem Stadtteil, wo wir als deutsche ohne Migrationshintergrund fast die Minderheit sind. So what… wir leben hier alle friedlich miteinander. Und mal so ganz nebenbei, ohne Zuwanderung geht dieser Sozialstaat pleite, das ist Fakt.
      Und last but not least ist die Flüchtlingswelle nicht zuletzt auch das Ergebnis unseres Lebens im Überfluß. Wir setzen die Fluchtursachen und dann lassen wir die Menschen im Mittelmeer ersaufen? Da wird mir Angst und Bange um die Werte unseres ach so gelobten Europas.

      1. Hallo Frau Momo,
        Sie haben mit dem was Sie schreiben durchaus recht, aber viele denken nicht auf diese Weise. Diese Menschen haben Ängste und Menschen mit Ängsten sind nicht nur schon immer viel anfälliger für Luft-Parolen gewesen, sie sind auch zugleich am gefährlichsten. Die schweigende Masse…. Nun, machen wir uns nichts vor. Wenn man Angst vor Körperverletzung oder schlimmeres hat, dann halten die meisten Menschen ihre Klappe, erst Recht wenn sie Kinder haben, die u. U. bedroht werden.
        Ob man die Leute dafür verurteilen soll, da kann ich nichts zu sagen, das muss jeder für sich selbst entscheiden.
        Was das Vermögen angeht – ja, aktuell ist das richtig. Aber seien wir mal realistisch… Die, die das meiste haben werden es niemals der Gesellschaft zur Verfügung stellen. Eher wird es ins Ausland geschafft und ggf. ein Unternehmen gleich mit.
        Meine Argumentation bezog sich aber nicht nur auf Deutschland, sondern auf Europa und da sieht es mit dem Gesamtvermögen nicht mehr ganz so golden aus. Aktuell geht das alles noch, aber was ist in 10-20 Jahren? Wenn die westliche Welt weiter die anderen Länder ausbeuten und die Fluchtursachen nicht bekämpft werden?
        Es müssten Maßnahmen ergriffen werden um den Menschen so zu helfen, dass sie eine Perspektive haben, aber solange Korruption geduldet wird, versickert jede Hilfe in einzelne Taschen und man dreht sich im Kreis 😒

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