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Herzlos

Gestern Mittag habe ich mich etwas unbeliebt gemacht.
Zumindest bei Frau D.

„Zubereitung einen warmen Mahlzeit“ und „Hilfe bei der Nahrungsaufnahme“ standen für sie auf meinen Tourenplan – und normalerweise freut sie sich sehr, wenn wir ihr Mittagessen zubereiten  und ihr beim Essen Gesellschaft leisten. Denn alleine kann sie das nicht mehr und sie isst auch nur dann ausreichend, wenn sie ständig daran erinnert wird.

Allerdings war dieser Einsatz gestern nicht sehr glücklich getimed.
Hatte doch unsere Logistik dabei glatt übersehen, dass zum gleichen Zeitpunkt in England – genauer in Windsor – das gesellschaftliche Ereignis des Jahres statt fand. Worüber Frau D. – im Gegensatz zu unserem Logistiker – als eifrige Leserin einiger bunter Postillen und bekennende Royalistin natürlich bestens informiert war.

Und so fieberte sie diesem Ereignis schon seit Tagen entgegen und hatte dementsprechend in der letzten Woche beim Essen auch fast kein anderes Gesprächsthema mehr.
Logisch auch, dass sie dies „live und im Farbe“ am Fernseher verfolgen musste.

So war sie dann auch einigermassen empört, als ich just in dem Moment ihre Wohnungstür aufschloss, als in Windsor die Braut in die Kirche geführt wurde:

„Sie können doch jetzt nicht Essen machen! Das gehört sich doch nicht!“

ranzte sie mich an, als ich sie begrüsste.

Schliesslich sei das doch nun in Gottesdienst, und dabei könne sie nicht essen.
Was denn der Prinz von ihr denken solle, wenn sie ihre Linsensuppe löffeln würde, während er seiner Braut das Ja-Wort gibt? Aber ich könne mich ja einfach zu ihr setzen und mit ihr zusammen die Übertragung verfolgen.

Meine – zaghaften – Gegenargumente, dass ja trotzdem jetzt Mittagessen-Zeit wäre und ich ausserdem auch noch weitere Kunden  zu versorgen hätte, wollte sie dabei nicht gelten lassen

„Haben sie den gar kein Herz? Rührt Sie das denn überhaupt nicht an? „

ebenso wenig wie der Vorschlag, dass ich ihr statt des Mittagessens ja auch einfach einen Tee machen und ein paar Kekse hinstellen könne.

Nein, das ginge gar nicht!

Und dann wurde sie persönlich – was nach einigen Bemerkungen über meine  schlechte Kinderstube in die Frage mündete, wie es meine Frau mit so einem ungehobelten Klotz wie mir überhaupt aushalten könne, der kein Gespür für die wichtigsten Dinge im Leben habe.
Ich sei ein Banause, und überhaupt sei es eine Frechheit, dass ich bei meiner Tourenplanung solche gesellschaftlichen Ereignissse nicht berücksichtigen würde….

Tja….

Da war wohl nichts zu machen.
Also hab ich den Einsatz abgebrochen und mich unverrichteter Dinge wieder getrollt.

Wo Prinzen heiraten, ist für Linsensuppe einfach kein Platz!

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